Brunch im Hotel Dollenberg


Brunch im Hotel Dollenberg, Bad Peterstal-Griesbach, 15. Juli 2012

Was macht man so am späten Sonntagvormittag? Richtig, man geht brunchen! Also auf nach Bad Griesbach ins Hotel Dollenberg. Martin Herrmann hat dieses Jahr seinen zweiten Stern für sein Gourmetrestaurant Le Pavillion im Hotel Dollenberg bekommen. Da muss man doch mal sehen, wie seine Equipe den Massenansturm eines sonntäglichen Brunchs bewältigt.

Gleich vorne weg: Hut ab vor dem gesamten Team! Denn es war tatsächlich ein Massenansturm. Das Restaurant war mit 70 – 80 Personen voll besetzt, alle wollten nahezu gleichzeitig ihr Rührei, ihr Hauptgericht und natürlich ihr Dessert. Da müssen dann auf einen Schlag 80 Portionen von diesem und jenem und von noch mehr auf der Theke stehen, und man kann durchaus nicht alles vorher fertig machen, Stress pur für die Küche. In der ‘Schlacht am Buffet’ lässt ein Gast schon mal einen leeren oder auch vollgeladenen Teller fallen, der Service beseitigt effizient und gelassen die Schweinerei  im Nullkommanichts.

Nach dem Studium der ausführlichen Brunch-Menü-Karte wird ganz schnell klar: Keine Chance alles zu schaffen, selbst wenn man nur ganz, ganz kleine Portionen von jedem nehmen würde. Also muss man auswählen, leider, denn es klingt alles sehr lecker.

Frühstück

Zum Frühstück trinken wir klassisch Café au lait, Orangensaft und Wasser.
Klassisch und eher deftig auch meine Auswahl: Weiß- und Schwarzbrot, dazu kleine Bratwürstchen, Bacon, Rührei, Tomaten- und Rote-Beete-Salat.
Der Rote-Beete-Salat  ist auf jeden Fall Sterneniveau, die Würstchen sind würzig, der Speck knusprig, alles sehr lecker.
Meine Freundin ist mit ihrem gebeizten Lachs und den anderen fischorientierten Häppchen ebenfalls sehr zufrieden.

Suppe

Die Cremesuppe Dubarry war leicht und ohne aufdringlichen Blumenkohlgeschmack. Eine sehr dezente Bitternote und die cremig-feine Konsistenz erinnerten eher an Artischoke und Kartoffel. Sehr gelungen!

Wein

Vor dem Hauptgang die schwere Frage, welchen Wein trinken wir? Ein Glas oder doch eine Flasche? Wir studieren die Brunch-Menü-Karte, ich kenne zwar zwei der aufgeführten Erzeuger vom Namen her, habe aber noch nichts von ihnen getrunken und kenne deshalb auch die empfohlenen Weine nicht. Sollen wir trotz Französischem Brunch lieber auf einen Ortenauer Lokalmatador umsteigen? Da gibt es doch einige nette Burgunder-Cuvees. Auf unsere Nachfrage kommt sofort Sommelier Christoph Meyer und mit seiner kompetenten Hilfe entscheiden wir uns dann doch für einen der empfohlenen, französischen Weine, den Château Le Thou.
In der Nase präsentiert sich der Le Thou zitrusfruchtig, Zitronen- und Orangenschalen, im Hintergrund dezent Oleanderblüten. Im Mund frisch mit guter Säure, wieder Zitrusschalen mit leichter Bitternote, mittelgewichtig mit gutem Abgang. Ein unkomplizierter, angenehmer Allrounder, der viele der angebotenen Speisen akzeptabel bis sehr gut begleitete.

Hauptgang

Ich entscheide mich auch hier für die deftigen Gerichte: Filetwürfel in Pfeffersauce, Geräucherte Rinderbäckle in Rotweinsauce, dazu Kartoffelgratin (Gratin Dauphinois), Kartoffelkrapfen (Pommes Dauphines) und aus dem Poulardentopf habe ich noch etwas geschmortes Gemüse gemopst.
Die Rinderbäckle sind butterzart, zergehen auf der Zunge, sehr fein gewürzt, der Eigengeschmack kommt perfekt zum tragen. Auch hier wieder Sterneniveau! Die Filetstücke sind sehr gut, erreichen aber nicht das Niveau der Kalbsbäckle. Die Gemüse sind weich, natürlich ist es schwierig sie perfekt bissfest für ein derartiges Massenpublikum hinzubekommen.
Meine Freundin nimmt das Petersfischfilet und den Wolfsbarsch und ist von beiden Fischgerichten sehr angetan.
Der Le Thou begleitet den Großteil des Hauptgangs gut, insbesondere auch die Fischgerichte. Natürlich passt er nicht besonders zu den Rinderbäckle, aber das war von vorne herein klar.

Käse

Eine kleine, aber gelungene Käseauswahl, vom milden Camembert bis zum würzigen Blauschimmel darf nicht fehlen. Sehr gut!
Der Wein passt gut zu den beiden kräftigeren Käsen. Bei den cremig-milden wird die leichte Bitternote des Weins zu stark betont.

Dessert

Es ist eine alte, aber zutreffende Weisheit: Was Süßes geht immer noch! Also von allem ein ganz klein wenig auf den Teller und zum Teil mit der Freundin geteilt.
Die Kaffee-Schokoladencubes waren wieder auf Sterneniveau, die Crème Brûlée und die drei verschiedenen Eissorten gut, der Rest Durchschnitt, die Cassisschnitte leider ziemlich flau.

Fazit

Es ist schon erstaunlich welch hohe Qualität im Schnitt das Team um Martin Hermannn bei einem derartigen Massenansturm ans Buffet bringt. Richtig enttäuscht haben mich lediglich zwei, drei Desserts, aber insgesamt war auch hier die Auswahl groß genug, um mehr als zufrieden aufzustehen. Und haben Sie sich mal den Preis des Französischen Brunchs angesehen, ganz unten rechts auf der Brunch-Menü-Karte? 29 € und das in einem Sternerestaurant. Da kann man schon fast von einer sozialen Tat sprechen!

Text und Fotos: Joachim A. J. Kaiser

15.02.2014: Titel des Artikels verändert.