Der 4. Deutsch-Israelische Weingipfel fand am 9. März 2023 im Yitzhak Rabin Center in Tel Aviv statt. Es war ein besonderer Gipfel, denn 2023 begehen die Twin Wineries Initiative ihren 15. und der Staat Israel seinen 75. Geburtstag. Gleich zwei Gründe, um zu feiern!
Blick vom Yitzhak Rabin Center auf die Skyline von Tel Aviv
„Die Twin Wineries Initiative „ist eine Initiative zur Förderung des Deutsch-Israelischen Dialogs. Ähnlich dem Konzept der Partnerstädte bietet das Netzwerk von Winzern und Weinliebhabern einen fruchtbaren Rahmen zur individuellen Begegnung und zum kulturellen Austausch. Ein jeweils deutsches und ein israelisches Weingut bilden eine lockere Partnerschaft. Bei gegenseitigen Besuchen und Begegnungen auf Messen werden nicht nur Fachwissen und Erfahrungen ausgetauscht, sondern bei manch guter Flasche Wein auch wertvolle Freundschaften gegründet und gepflegt.”
(Zitat, ZAG Wines Ltd.)
Twin-Liste Stand März 2023
Den Weingipfel haben Renée und Hohey Salzman, die Gründer der Twin Wineries Initiative, perfekt organisiert. Alle 21 israelischen Twins und die meisten deutschen Twins kamen nach Tel Aviv, lediglich sechs haben es nicht geschafft. Am Weingipfel nahmen aber nicht nur Twin-Weingüter teil, weitere israelische Winzer, sowie Weinhändler, Sommeliers, Wein-Connaisseurs und Freunde der Twins waren ebenfalls anwesend. Der Weingipfel war mit 190 Teilnehmern, davon 43 aus Deutschland, gut besucht. Überschneidend mit dem Weingipfel fand in Tel Aviv eine weitere von vielen Großdemos für den Erhalt der israelischen Demokratie und gegen die von rechts geplante Justizreform statt. Mit Behinderungen musste deshalb gerechnet werden. Erstaunlich, dass es trotzdem so viele Teilnehmer zum Weingipfel geschafft haben. Einige Teilnehmer kamen direkt nach der Demo zum Weingipfel!
Die Begrüßung übernahmen Renée Salzman und Eva Raps, die Sprecherin der deutschen Twins. Willkommen geheißen wurden die Teilnehmer des Weingipfels auch von Dalia Rabin, Tochter Yitzhak Rabins und Leiterin des Centers. Die Bedeutung, die die israelische Seite dem Weingipfel beimaß, zeigte sich auch darin, dass sich Sandra Simovich, Director of Central Europe Department im israelischen Außenministerium, die Zeit nahm, um die Teilnehmer zu begrüßen. Sandra Simovich war übrigens einige Jahre Israels Generalkonsulin im Generalkonsulat München. Auch Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer, trat ans Pult, um die Twin Wineries zum 15. Geburtstag zu beglückwünschen und die Teilnehmer willkommen zu heißen.
Dalia Rabin heißt die Teilnehmer willkommen, im Hintergrund Renée Salzman
Die Stimmung auf dem Weingipfel war bemerkenswert herzlich, locker und entspannt. Die Twin Teilnehmer, die sich schon vorher kannten, haben sich sehr gefreut, ihren Twin endlich einmal wiederzusehen, nachdem durch Corona drei Jahre persönliche Kontakte unterbunden waren. Man traf Freunde, Bekannte und Unbekannte auf dem Weingipfel, man führte Gespräche, man lachte, man fachsimpelte, man verspeiste den einen oder anderen Snack, man tauschte sich aus, trank einen Kaffee, man knüpfte neue Kontakte mit Sommeliers, Köchen, Journalisten, Wein-Afficionados oder Freunden der Twins und natürlich probierte man die Weine.Ein Video-Clip mit Bildern führte Teilnehmer, die die Twin Wineries noch nicht kannten, in den Zweck und die 15jährige Geschichte der Twins ein.
Die Stimmung auf dem Weingipfel war blendend: Romana Echensperger (Master of Wine) und Johannes Selbach (Weingut Selbach-Oster)
Eine echte Twin-Geschichte: Yaffo Winery und das Weingut Schätzle, die 2018 bei den Twins aufgenommen wurden, stellen ihre gemeinsam produzierten Weine vor, den 2018er Alliance White und 2018er Alliance Red. White besteht aus Viognier von Yaffo und Chardonnay von Schätzle, Red aus Syrah von Yaffo und Pinot Noir sowie Merlot von Schätzle.
Yaffo und Schätzle machten zwei deutsch-israelische Weine
Während des Weingipfels wurden auch neue Twins aufgenommen. Ein Twin-Päarchen ist Adir Winery und das Weingut Jung & Knobloch (Rheinhessen). Ein weiteres Twin-Päarchen bilden Nana Estate und das Weingut Materne & Schmitt (Mosel).
Neue Twins: Adir – Jung & Knobloch und Materne & Schmitt – Nana Estate
Ein vielfältiges Programm schloss sich an. Romana Echensperger, Master of Wine, gab einen Überblick zur Entwicklung des deutschen Weinbaus im 20. Jahrhundert.
Prof. Manfred Stoll, Hochschule Geisenheim University, und Prof. Zohar Kerem, Hebrew University, berichteten über die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, über ihre aktuellen Forschungsprojekte und über Möglichkeiten sich auf die Klimaveränderungen einzustellen.
Prof. Zohar Kerem und Prof. Manfred Stoll über Klimawandel im Weinbau
Elke Höllein, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit & Protokoll der Stadt Mainz und Geschäftsführerin Mainz/Rheinhessen der „Great Wine Capitals“ sowie Adam Montefiore, Wein-Journalist bei der Jerusalem Post loteten die Tiefen des deutschen und israelischen Weintourismus aus.
Elke Höllein und Adam Montefiore über Weintourismus in ihren Regionen
Spannend die Podiumsdiskussion zum Thema Zukunft des Rieslings. Auf dem Podium saßen Stuart Pigott, Senior Editor bei JamesSuckling.com (Great Britain), Asaf Margalit, Margalit Winery (Israel), Doron Rav Hon Sphera Winery (Israel), Johannes Sellbach, Weingut Oster-Sellbach (Deutschland), Zur Lester, Chef-Sommelier Restaurant „a“ in Tel Aviv (Israel) und Kelby Russel, Red Newt Cellars (Fingerlakes, USA). Moderiert wurde die Diskussion von Romana Echensperger, Master of Wine (Deutschland). Die Diskussionsteilnehmer sehen für Riesling trotz der Klimaerwärmung eine gute Überlebenschance, falls 1,5 – 2 °C nicht deutlich überschritten werden.
Podiumsdiskussion Riesling im Klimawandel
Als letzter Programmpunkt des Weingipfels stand die Verkostung der Weine der Twin Wineries an. Die Teilnehmer des Weingipfels hatten die Gelegenheit, die besten Weine aller 21 israelischen und der meisten deutschen Twins zu verkosten. In dieser Dichte bekommt man selten israelische Spitzenweine ins Glas. Probieren konnte man etwa 100 Weine, mehr israelische als deutsche. Leider blieben die Weinpakete einiger deutscher Twin-Weingüter im israelischen Zoll hängen und standen deshalb nicht zur Verfügung. Trotzdem war es auch für die israelischen Besucher hochinteressant, die gesamte Bandbreite des deutschen Weinbaus von der Mosel bis ins südliche Baden probieren zu können.
Verkostungsstände der Twin Weingüter auf dem Weingipfel
WEINLAND ISRAEL – KURZDATEN
Weingüter: Ca. 250 | Fläche: 5500 ha | Ertrag: 60000 t | Flaschen: 40 Millionen | Weine: 63 % Rotwein, 16 % Weißweine, 11 % Süßweine, 8 % Schaumweine, 2 % Roséweine {Quelle: ZAG Wines Ltd.)
Eine abgegrenzte, geschützte Ursprungsbezeichnung weist nur Judea auf, mit den Untergebieten Judean Hills und Judean Foothills. Die Winter sind kühl, aber relativ mild in den Foothills, in den Höhenlagen der Foothills kann es, wie in den Hills, im Winter schneien. Im Sommer wird es tagsüber warm bis richtig heiß, aber die Nächte sind verhältnismäßig kühl. Prinzipiell ist Weinbau ohne Bewässerung möglich, da die Wolken vom Mittelmeer bis zu 800 mm Niederschläge bringen. Allerdings lässt die Zuverlässigkeit der Niederschläge zu wünschen übrig. Die Klimaerwärmung macht sich auch in Israel mit Dürreperioden deutlich bemerkbar. Deshalb haben die meisten Weinberge Bewässerungsanlagen. Der Unterboden besteht in Judea hauptsächlich aus Kalkstein, Oberboden ist meist Terra Rosa, aber auch Mergel, Löss, Kies oder Kalkverwitterung.
Tzora Winery’s Shoresh Vineyard, Judean Hills
Am meisten Probleme bereitet israelischen Winzern die Schmierlaus Planococcus ficus (vine mealy bug). Sie zapft die saftführenden Leitungsbahnen an, produziert dadurch Mehltau, der zu Schimmel führt. Zudem überträgt die Schmierlaus GLRaV-Viren (grapevine leafroll associated virus), welche die Blattrollerkrankung verursachen. Die Schmierläuse sind schwer zu bekämpfen, weil die Eier meist in der Erde liegen und deshalb schwer erreichbar sind. Insektizide schädigen auch Nützlinge und Planococcus ist mittlerweile ziemlich resistent geworden. Räuberische Nützlinge und Pheromone wirken, haben aber ihre Grenzen. Gegen den Virenbefall gibt es kein Mittel. Man muss die Stöcke entfernen, verbrennen und neue, getestet virenfreie Stöcke pflanzen.
Text und Fotos: Joachim Kaiser
Der Beitrag ist im Original im Weinfeder Journal Edition #70, Juni 2023, erschienen. Es wurden zusätzliche Fotos eingefügt und der Text geringfügig umgestellt.